Der neue Widerrufsjoker 2016: Auch Kredite nach 2010 können widerrufen werden


Der Kreditwiderruf im Hinblick auf Darlehen, die bis Juni 2010 aufgenommen wurden, wurde bis vor kurzem als „Widerrufsjoker“ betitelt, da man durch ihn eigentlich rechtens abgeschlossene Immobilien- und Baukredite durch Widerruf nichtig machen konnte. Die Basis dafür lieferten nicht eingehaltene Bestimmungen bei der Gestaltung, Formulierung und / oder inhaltlichen Ausstattung von Kreditverträgen. Durch zwei neue Urteile der Oberlandesgerichte in Karlsruhe und Nürnberg wurde nun aber klar, dass auch Kreditverträge, die nach 2010 geschlossen wurden und die sich eigentlich an das gültige Vertragsmuster halten, nicht unbedingt unumstößlich sind. Ein neuer „Widerrufsjoker“?

Immobilienkäufer können unzureichende Kreditverträge widerrufen

Zwar gibt es eine derzeit gültige Gesetzesänderung, welche den Widerruf von Krediten erschweren soll; diese greift aber noch nicht bei Krediten, die zwischen 2010 und 2014 aufgenommen wurden. Und so urteilte unter anderem das Oberlandesgericht Nürnberg im Juli 2016 in der Sache 14U/1780-15 zu Gunsten des Klägers. Dessen Kreditvertrag wurde 2011 abgeschlossen und die entsprechende Widerrufsbelehrung (welche zuvor für den „Widerrufsjoker“ sorgte) war augenscheinlich den aktuellen Regelungen angepasst und damit in Ordnung.

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Die Richter entschieden, dass die vorgefertigte und häufig verwendete Widerrufsbelehrung nicht klar ausformuliert sei und den Kreditnehmer vor sehr große Hürden stellen würde. Das bezieht sich vor allem auf den Beginn der Widerrufsfrist, der nicht klar, sondern umständlich formuliert aufgeführt wurde. Außerdem müsse, damit sie auch gültig wird, die Widerrufsbelehrung im Kreditvertrag optisch hervorgehoben werden. Nicht nur im behandelten Fall war das nicht geschehen – in den meisten Kreditverträgen bis 2014 ist das so.

Auch das OLG Karlsruhe entschied für die Kläger

In der Sache AZ 4 U 174-15 des Oberlandesgerichts Karlsruhe ging es ebenfalls um einen Immobilienkredit; und auch hier wurde der nachträgliche Widerruf aufgrund unzureichend durchgesetzter Regelungen rechtens gemacht. Kurzum bedeutet dies, dass auch jetzt noch Kreditnehmer aufgrund von verformulierten oder nicht eindeutigen Klauseln aus ihrem Vertrag aussteigen können. Für die Banken ist das natürlich kein optimales Szenario, zumal die Umwandlung in einen neuen Kredit ein Absacken der Zinssätze bedeutet. Die Neuverträge lägen im Hinblick auf die Zinsen mehrere Prozentpunkte unter denen, die bis 2014 abgeschlossen wurden.

Widerruf: Positive Auswirkungen für den Kreditnehmer

Wenn Sie über einen anfechtbaren Kreditvertrag verfügen, der in der benannten Zeit geschlossen wurde, dann können Sie einige Einsparungen erwarten. Lassen Sie aber vorerst von einem Anwalt prüfen, ob der Vertrag wirklich zu widerrufen ist oder ob Sie vermutlich den Prozess verlieren. Sollten Sie gute Chancen haben, dann können Sie Ihre Zinslast durch einen neuen Kredit auf bis zu einem Viertel der vorigen Zinsen herunterkürzen.